Sunday, September 16, 2012

Eigentlich…

Als ich Stefan Kornelius’ Kommentar [1]


moerderisches-spiel


gelesen habe, mit seiner unnachahmlichen Art, Opfer und Täter zu vertauschen, die in dem Satz gipfelt
Es ist müßig, hier nach Tätern und Opfern zu unterscheiden. Diesmal ging die Provokation von amerikanischen Extremisten aus, islamistische Fanatiker haben sie angenommen und nicht minder radikal zurückgezahlt.
mit dem Kornelius allen Ernstes die Ermordung von Menschen gleichsetzt mit einem stümperhaften Filmchen, wie provokativ auch immer man ihn finden kann, wenn man unbedingt möchte, da wollte ich eigentlich einen Artikel dazu schreiben. Leider hatte ich in den letzten Tagen keine Zeit dazu und inzwischen sind mir Clemens Wergin und Lizas Welt zuvorgekommen, weshalb ich an dieser Stelle auf diese beiden hervorragenden Kommentare verweisen möchte. Lesen Sie Lizas Welt[2]
Amerikanische Botschaften brennen, in Bengasi sind vier Menschen getötet worden – darunter der US-Botschafter in Libyen –, doch Kornelius vertritt allen Ernstes die Ansicht: »Es ist müßig, hier nach Tätern und Opfern zu unterscheiden. Diesmal ging die Provokation von amerikanischen Extremisten aus, islamistische Fanatiker haben sie angenommen und nicht minder radikal zurückgezahlt.« Womit mal eben die Produktion und Verbreitung eines Films – wie widerwärtig auch immer er sein mag – mit der Ermordung von Menschen in eins gesetzt wird. Beides soll gleich extremistisch sein, beides gleich fanatisch, beides gleich radikal. Darüber hinaus: »Zurückgezahlt«? Was, bitteschön, haben amerikanische Diplomaten in Libyen mit dem Schmähfilm »Innocence of Muslims« zu schaffen? Ganz einfach: gar nichts.
Doch derlei Differenzierung ist Kornelius’ Sache nicht. Vielmehr sieht er allenthalben unterschiedslos »blindwütigen Fanatismus, der besonders gut in den dunklen Winkeln der Weltregionen gären kann«. Ergo: »Jüdische, christliche, muslimische Fanatiker – im Ergebnis richten sie dasselbe Werk der Zerstörung an.« Woher hier plötzlich die »jüdischen Fanatiker« kommen, weshalb sie in der Aufzählung gleich als erste genannt werden und worin ihr destruktives Wirken bestehen soll, bleibt offen. Haben erboste Juden etwa türkische Botschaften gestürmt, als der Film »Tal der Wölfe – Palästina« in die Kinos kam? Oder haben sie nach der Prämierung von Holocaust-Karikaturen in Teheran iranische Emissäre ins Jenseits befördert? Und die Christen: Sind radikale Exemplare ihrer Glaubensgemeinschaft beispielsweise brandschatzend in deutsche Botschaftsgebäude gestürmt, als die Titanic sich mal wieder über den Papst lustig gemacht hat? Oder wurden seinerzeit britische Diplomaten wegen Monty Pythons »Das Leben des Brian« umgebracht?
Und lesen Sie Clemens Wergin [3]
Merke: Das Drehen eines widerlichen Filmes, der im Zweifel von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, steht für die Münchner Kollegen auf derselben Stufe wie das Töten von Menschen. Beim Thema Islam und Amerika scheinen auch hierzulande so manchem die moralischen Maßstäbe abhanden zu kommen. Die Extremisten schaukeln sich eben gegenseitig hoch, da kann dann schon mal ein wenig Porzellan zerdeppert werden. Da kann dann von Sanaa bis München auch schon mal die fundamentale Unterscheidung zwischen dem, was die US-Regierung tut und dem, was irgendein Idiot in Kalifornien veranstaltet, verloren gehen.
Das Problem an dieser Deutung ist zweierlei: Erstens trifft sie nicht zu und zweitens offenbart sie eine im Kern rassistische Herablassung. Denn wer so schnell mit entschuldigenden Erklärungen bei der Hand ist, warum einige hundert Muslime in Ägypten, Jemen und Libyen mal wieder ausgeflippt sind, hängt letztlich einer folkloristischen Vorstellung des Nahen Ostens an mit dem Araber als einer Art „edlen Wilden“, der weniger vernunftbegabt ist als wir und deshalb schon mal schneller die Kontrolle über sich verliert. Das muss man verstehen – so ist er halt, der Araber.
Und weil es dümmer schließlich immer geht, konnte auch Sebastian Giercke nicht an sich halten und erklärt in[4]


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zu einem Zeitpunkt, an dem bereits hinlänglich bekannt war, dass Provokationen wie dieser Film allenfalls als Auslöser für bereits lange geplante Terrorakte dienen:
In der islamischen Welt hat der Film zu einem Gewaltausbruch geführt [Hervorhebung: Jaspis]
Und damit auch niemand auf den Gedanken kommen könnte, worin das schwerere Unrecht liegt, erklärt Giercke in der SZ-hauseigenen Manier, wie abgrundtief abscheulich sowohl Film als auch Filmemacher sind, mit den Vokabeln “abstoßendes Machwerk”, “Niederträchtigkeit”, “Dummheit”, “krudes Weltbild”, verweist auf des Autors “kriminelle Vergangenheit, seine Verbrechen”, während das Werk der so unsäglich Provozierten beinahe nebenbei beschrieben wird mit
Nachdem der Film in Ausschnitten am 8. September in einer ägyptischen Talkshow gezeigt worden war, kam es im Land zu gewaltsamen Protesten, die immer weiter eskalierten, auf andere Länder der muslimischen Welt übergriffen und in deren Folge vier US-Diplomaten in Libyen starben.
Der Link, der diesem Satz hinterlegt ist, weist allerdings auf einen Bericht über vier tote Demonstranten vor der US-Botschaft in Jemen [5] und nicht etwa auf einen zu der Ermordung von vier US-Diplomaten in Libyen. Diese wiederum starben aber keineswegs bedauerlicherweise eben mal so, wie das Giercke so leicht dahinträllert, sondern sie wurden Opfer eines Terroranschlages, der mitnichten spontan, sondern offenbar bereits seit längerem geplant war und nur durch leichtgläubige, ideologieverbrämte Journalisten als Ergebnis einer wie auch immer gearteten Provokation dargestellt wird. Von Journalisten, die bedauerlicherweise gerade in der SZ ein Biotop gefunden zu haben scheinen.
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