Sunday, February 10, 2013

Dafür kann Claudia Roth nichts: Guido Westerwelles “Erfolge” im “Atomstreit mit dem Iran”

Viel wird in diesen Tagen über Claudia Roth geschrieben, die, läßt sie mitteilen, doch nur die allerbesten Absichten hatte, als sie einer einladend in die Höhe gehaltenen Handfläche Ali Reza Sheik Attars, des iranischen Botschafters in Berlin, nicht widerstehen konnte. Oder nicht widerstehen wollte. Oder beides.
“An der Hand des Botschafters klebt viel Blut”, schreibt Henryk M. Broder zutreffend, “das müsste die ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte eigentlich wissen”; sie habe, bemerkt Katharina Lotter, zudem “mit einem Knicks [..] signalisiert: ‘Ich erkenne an, dass Du über mir stehst.’”
So berechtigt die Kritik am Verhalten und den Erklärungsversuchen der Bundesvorsitzenden der Partei “Bündnis 90/Die Grünen” aber auch ist, sie wirkt doch ein wenig übertrieben, weil sie sich eben beinahe ausschließlich gegen Claudia Roth richtet, die sich indes kaum anders verhielt als das regierende politische Deutschland.
Die Kritik an der Oppositionspolitikerin lenkt davon ab, was und wer tatsächlich anzugreifen wäre: eine Bundesregierung nämlich, die Außenministerdarsteller Guido Westerwelle dort repräsentierte, wo Claudia Roth “dazu bewegen wollte, den bekannten iranischen Filmemacher Jafar Panahi [..] ausreisen zu lassen.”
Nicht zum ersten Mal schüttelte Guido Westerwelle in München die Hand des iranischen “Außenministers”, der zuvor als Chef der iranischen Atomenergiebehörde für deren Rüstungsprogramm maßgeblich mitverantwortlich war und gegen den die EU daher ein (gleichwohl nur auf dem Papier gültiges) Einreiseverbot verhängt hatte.
Wohl auch deshalb vom Regime in Teheran zum “Außenminister” befördert, durfte Ali Akbar Salehi sich sogleich über einen Anruf aus Deutschland freuen: “Do you know that my German counterpart was the first to congratulate me on my appointment?” fragte er Anfang 2011 in einem Interview.
“Im Atomstreit mit dem Iran ist eine Fenster der Gelegenheit entstanden”, verteidigte Angela Merkels Außenministerdarsteller in diesem Jahr sein Treffen mit einem Vertreter jenes Regimes, das kein Geheimnis aus seinen Absichten macht. “The Iranian nation is standing for its cause that is the full annihilation of Israel.”
Auch nachdem Teheran dieses “Fenster der Gelegenheit” ziemlich schnell wieder schloß, ist von Guido Westerwelle keine Beschwerde zu hören. Im Gespräch mit Lesern einer Regionalzeitung betont er vielmehr, “der Iran hat das Recht, nukleare Energie für zivile Zwecke zu nutzen”, und fordert eine “atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten”.
Das war schon vor beinahe einem Jahr “eine kaum verklausulierte Forderung an Israel [..], auf ihm unterstellte Verteidigungsfähigkeiten zu verzichten” und ein bezeichnendes Zugeständnis an ein Regime von dem der UN-Sicherheitsrat nicht ganz grundlos seit 2006 verlangt, auf jede Urananreicherung zu verzichten.
Es verwundert ob der deutschen außenpolitischen Geschmeidigkeit nicht, daß Ali Akbar Salehi Deutschland nur in den höchsten Tönen loben kann: “Deutschland ist ein wichtiges Land und die Beziehungen beider Länder zählen zu den besten bilateralen Beziehungen Irans mit einem EU-Staat.”
“Ich denke, dass das Verhalten der gesamten deutschen Politik, insbesondere das von Herrn Westerwelle im Hinblick auf die Beziehungen mit Iran vernünftig ist und die Deutschen versuchen, realistisch vorzugehen.”
Schwärmte der “Weltpolitiker” Guido Westerwelle im vergangenen Jahr, “die Geldentwertung in Iran oder die drastische Abnahme der Ölexporte als Haupteinnahmequelle zeigen, dass die Politik der internationalen Isolierung dem Lande schadet und die Führung unter Druck setzt”, macht die EU in diesen Tagen sich lächerlich:
“The European Union’s (EU) General Court has ordered the bloc to lift sanctions against the Iranian state-owned Bank Saderat. [..]
Last Week, the European Court of Justice also issued a similar ruling about Bank Mellat which has also been the target of anti-Iran sanctions.
In December 2012, the Luxemburg-based Court of Justice also ordered the EU to lift its sanctions against Iranian private bank, Sina.”
Die Europäische Union als ein Staatenbund, der unfähig ist, Sanktionen zu beschließen, die vor den eigenen Gerichten bestehen – auch das ist die beschwiegene Realität einer “Politik der internationalen Isolierung”, für die exemplarisch Guido Westerwelle steht. Doch nicht er wird kritisiert oder ausgelacht, sondern Claudia Roth.
Und das haben weder Guido Westerwelle noch sie verdient.
tw24

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