Sunday, July 07, 2013

Wieder gutgewordenes Deutschland: Parteien zur Qual

von Gerrit Liskow
Angesichts eines innenpolitischen Sommerlochs von historischen Dimensionen und der anstehenden Bundestagswahl lohnt sich ein Blick auf den Zustand der offiziellen „Politik“ im wieder gutgewordenen Deutschland. Wir entschuldigen uns bereits an dieser Stelle bei Ihnen, sehr verehrte Leserinnen und Leser, für das dabei zwangsläufig aufkommende Unwohlsein.
Als Bettvorleger gesprungen
Der erste Absatz ist den Herausforderern der Regierung Mutti, der SPD, gewidmet. Nachdem alle ihre wesentlichen Forderungen seit knapp hundert Jahren erfüllt sind, findet diese Partei eigentlich nicht mehr statt. Denn wenn es in der Post-Politik nur darum gehen kann, sich möglichst widerstandlos vom Sachzwang verwalten zu lassen, ist festzuhalten, dass man diese Programmatik woanders besser serviert bekommt (zur CDU kommen wir gleich). Und wie „weiß“ es doch die SPD-Wahlkampfparole selbst so richtig? Das Bier entscheidet! Oder war es das Tier?
Programmatisch, oder wie es unter sozialen Demokraten immer noch quasi magisch heißt: „inhaltlich“, beschränkt sich die säkulare deutsche Sozialdemokratie aber nicht auf die Forderung nach ihrer eigenen Zähmung, sondern hat auch die Domestikation aller anderen im Visier – ein Anspruch auf ein Kollektiv, wie es totaler nicht sein kann.
Es geht um das, was Robert „Schwarzbuch“ Kurz (einer der wichtigsten Vordenker und Propagandisten der deutschen Sozialdemokratie) immer wieder gerne „Verhausschweinung“ nennt (er muss ja wissen, wovon er spricht). Kurz: Etwas, das bereits unter von Bismarck erreicht worden ist.
Die SPD fordert aktuell noch weniger als das, was sie gerne fordern würde, wenn sie sich schon wieder trauen würde, Forderungen aufzustellen. Das klingt nach einem Rezept fürs Desaster, aber dafür haben die sozialen Demokraten zumindest den richtigen Kandidaten aufgestellt: Die Steinlaus, Möchtegern-Chef der deutschen Steuerfahndung. Dafür gönnt man sich schließlich einen Kandidaten, damit ihm hinterher die Schuld haben kann, nicht wahr, liebe Sozis?
Same procedure as every year
In der christlichen Sozialdemokratie, also der CDU, sieht die Stimmung um 180 Grad besser aus, als bei ihrer säkularen Konkurrenz. Denn abgesehen von einem Posten im öffentlichen Dienst gibt es in Deutschland keine sicherere und krisenfestere Berufsperspektive, als eine Tätigkeit als Stimmvieh in der Mutti-Partei.
Keine Sorge: Das Programm ist dasselbe, wie immer, und eigentlich auch egal, weil keiner so gut wie der Sachzwang regiert, und bei der CDU tut er das ganz besonders geschmeidig, denn außer am eigenen Konto ist man beim Kanzlerwalverein an keinerlei politischen „Inhalten“ interessiert.
Außer: Mehr Europa, weniger Demokratie - und Häusle baue! Der Wahlkampf mit der CDU ist dank der dritten Jahrhundertflut seit zehn Jahren in etwa so spannend wie das Testbild vom ZDF. So ist es auch gut und richtig, denn jede Form von Dynamik wäre fatal in einem bürgerlichen  Milieu, das Besitzstandswahrung und Sozialmissbrauch immer nur den anderen, und nie sich selbst, unterstellt.
Liberale Konkursmasse
Der neo-klassische Mehrheitsbeschaffer der Mutti-Partei ächzt und krächzt unter Umfrageprozenten im Bereich von Magermilch. So rächt sich die seit zwei Generationen versäumte personelle Modernisierung einer liberalen Partei, die zuerst von links überholt worden ist (von den „wertliberalen“ Grüninnen und Grünen, diesen postmodernen Beliebigkeit-Aposteln). Und jetzt hat die FDP auch noch vom Rechts einer zweckdienlich unterstellten Mitte eine neo-klassische und national-liberale Konkurrenz bekommen: die AfD.
Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der austauschbare Karrieristen-Kader der Altpartei FDP wenigstens realistische Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt hätte. Aber in keiner anderen Firma wird man solche Leute los! Ab September ist mit einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit bei liberalen Bundestagsabgeordneten zu rechnen.
Der Konkursverwalter der FDP, Patrick Lindner, wärmt sich derweil an der Hoffnung, dass seine „Liberalen“ vielleicht doch noch mal an Muttis Zweitstimmentitte kommen um danach ein sattes, zufriedenes Bäuerchen zu machen – über 5%? – aber so recht glauben mag er es nicht. Dieselbe Zweitstimmen-Taktik hat schon bei der Niedersachsen-Wahl super geklappt - oder etwa nicht?
Visionen und andere Katastrophen
Auch bei den Grüninnen und Grünen will der Spaß keinen Anfang nehmen. Nachdem alle wesentlichen Forderungen der „Öko“-Partei erfüllt sind – Tempo 30 auf allen Bürgersteigen, jeder „Sommer“ unter 15 Grad und eine Verdreifachung der Energiepreise im letzten Jahrzehnt, ach ja: Windmühlen, die seltene Vögel erschlagen – bleibt nicht viel übrig vom Abend der „alternativen“ Politik. Elf Prozent sind sicher, nur sind es dieselben elf Prozent, die immer schon Grüne wählen: Leute, die solange für die Umwelt sind, wie jemand anders die Zeche zahlt. Leute, die ganz besonders großzügig mit dem Geld anderer Leute sind.
Dass diese „Politik“ gewordene Wahnvorstellung, das Klima wäre zu „retten“, wenn alle nur kalt duschen und fleißig mit dem Fahrrad fahren (während in China und Indien jede Woche ein neues Kohlekraftwerk entsteht) überhaupt noch so viele Anhänger finden kann, stellt dem unheilbar gesunden Menschenverstand ein erstaunliches Selbstzeugnis aus.
Aber so ist das, wenn man sich mit Staatsfunk und vaterländischen Medien (von FAZ bis taz) gegen die Anfechtungen durch die schnöde Wirklichkeit imprägniert und den Widerspruch zwischen Fakt und Fiktion immer wieder zu Ungunsten der Wirklichkeit löst. Geschlossene Wahnsysteme sind bemerkenswert stabil und stabil sind die Grünen seit dem Ende von Rot-Grün.
Wahrscheinlich beten sie im Parteivorstand des „Politik“ gewordenen Wahns für eine neues Fukushima, oder wenigstens ein bisschen mehr „Klimakatastrophe“, also Sommertemperaturen über 20 Grad, um es bis September doch noch über 15% zu schaffen. Man hat sich schließlich von seiner Heinrich-Böll-Stiftung reichlich „alternative“ Kader heranzüchten lassen, die versorgt werden wollen: Die Tintenkleckser der neudeutschen Jungspießerpartei sehen es auch nicht gerne, wenn ihre Karriereplanung über den Haufen geworfen wird.
Der Namenspatron der „grünen“ Heinrich-Böll-Stiftung ist übrigens derselbe Amphetamin-Junkie, der während des Zweiten Weltkriegs brieflich um Tabletten-Nachschub zu schnorren pflegte, weil er es mit dem „Blitzsieg“ ganz besonders eilig hatte. Nach der Devise: mit Speed zum Sieg – Heimatschutz hat viele Gesichter, auch viele „grüne“.
Anleitung zum Irresein
In der deutschen „Linken“, dem regionalen Sozialismus der SED-Nachfolgeorganisation, steht dasselbe Spektakel wie immer auf dem Programm. Bekanntlich hat man in diesem Milieu, vor allem aber in seinen Zentralorganen – Süddeutsche Zeitung, Spiegel, junge Dschungelwelt und Günter Grass – mit Juden nicht das geringste Problem. Nein, nein!
Im Gegenteil: Bei Judens ist immer was los. Die „linke“ Konjunktur alles Semitischen scheint dem Umstand geschuldet, dass es in den eigenen „Zusammenhängen“ so langweilig ist, weil es seit Jahr und Tag immer nur gegen den Neoliberalismus geht (man könnte auch gegen den Pollenflug kämpfen).
Um sich angesichts der Fruchtlosigkeit seines „politischen“ Bemühens und sich eventuell einstellender Frustrationen angesichts des gesellschaftlich Erreichten ein wenig Erleichterung zu verschaffen, sind der einen Hälfte der deutschen „Linken“ die Juden zu politisch (dagegen hilft „Israel-Kritik“) und der anderen Hälfte sind die Israeliten zu religiös (deshalb: „Beschneidungsdebatte“). Aber sonst ist alles total normal unter „Linken“.
Und schließlich ist keiner in Deutschland ein Antisemit, vor allem nicht der junge Augstein. Aber so richtig recht machen kann es kein Freund der mosaischen Religion seinen „Freunden“ im neuen Deutschland, das im Fall der Fälle („Frieden!“) bis zur Kinderbuchautorin Margot Käßmann und „Knecht Ruprecht“ aus der CDU reicht.
Egal, was es ist: Die Wirklichkeit scheint aus Sicht der „Linken“ lediglich als Projektionsfläche für ihre illusionäre Ideologie eine Daseinsberechtigung zu haben. Angesichts des aktuellen Geschehens in Ägypten drehen sich die Sprechblasen der Links-Partei (Christiane Buchholz, Annette Groth & Co.) ausschließlich um – Sie ahnen richtig, verehrte Leserinnen und Leser – den bösen alten Neoliberalismus.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Gegen Morsi und den „modernen“ Islamismus sprach aus Sicht der deutschen „Linken“ nicht etwa eine Zurück-in-die-Steinzeit-Politik, die jedes – insbesondere für die Frauen in Ägypten – einmal erreichte Minimum sozialer und individueller Emanzipation über den Haufen werfen will. Nein. Gegen Morsi sprach aus Sicht des regionalen Sozialismus allein der Umstand, dass es in Zukunft auch in Ägypten, auch unter Morsi, beim Unterschied zwischen Meins und Deins geblieben wäre. Völlig kontrafaktisch, denn Ägypten ist eine der am stärksten staatlich gelenkten Ökonomien der arabischen Welt.
So ist das, wenn man bis heute nicht verstanden hat, dass eine liberale Gesellschaft und eine liberale Wirtschaft jene zwei Seiten derselben Medaille sind, von der die eine nur um den Preis der anderen zu haben ist. Soviel zur „Freiheit“, die man bzw. frau sich unter „Linken“ wünscht.
Die Probe aufs Exempel
Prototypisches Beispiel: das Frauendeck-Duo Höger-Groth. Beide würden auch in den Fritzl-Keller nach Österreich ziehen, wenn es nur der Sache des internationalen Terrorismus dient, oder wenigstens der „Palästina-Solidarität“. Das hat sich zuletzt anlässlich der Gaza-Flottille gezeigt. Die freiwillig-unfreiwillige „politische“ Todesspirale von und mit Höger-Groth kann selbstverständlich gerne weiter zirkulieren, wie bisher.
Zum einen ist es der Charme einer Demokratie, dass jeder sich zum Narren machen kann. Und zum anderen gehen Höger-Groth wenigstens mit ihren Fans und Groupies gemeinsam in die „politische“ Iso-Haft. Ihr Umfeld, das ihnen über jeden noch so eklatanten Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit „linker“ Politik die Nibelungen-Treue hält und das es schafft, sich al-Assad in Syrien „irgendwie emanzipativ“ zu denken.
Daran, dass sich die subjektiven und objektiven Erfolge „linker“ Politik seit Jahr und Tag in engen Grenzen halten (was man von den katastrophalen historisch-praktischen Ergebnissen dieser Ideologie leider nicht behaupten kann), ist aus der Innenperspektive selbstverständlich nicht die individuelle oder soziale Verblendung schuld. Sondern - Sie haben richtig geraten, verehrte Leserinnen und Leser - wie immer jener Neoliberalismus, den man sich im Schoß der „linken“ Volksgemeinschaft mal als „internationale Heuschrecken“, mal als „neokonservative Weltverschwörung“ imaginiert.
Freunde wie diese hat nicht mal jene Hamas verdient, der nach der Entfernung ihres Sugar-Daddys aus dem Amt (a.k.a. Morsi) nur eine Hoffnung bleibt: There’ll always be an Inge (Höger, oder irgendeine andere „Retterin“ von der traurigen Gestalt).
Bleiben, unter ferner liefen, die beiden deutschen Piraten-Parteien, die bürgerliche „Alternative für Deutschland“ und die nicht ganz so bürgerliche, aber sehr „alternative“ Piratenpartei. Beiden geht es ein bisschen wie den Tabletten von Alka Seltzer: Man ahnt, sie könnten gut sein – man weiß aber nicht, wofür.
Zunächst zu den interaktiven Erben Störtebekers. Sie haben nach zwei Jahren keinen davon überzeugen können, dass sie gebraucht werden - vor allem nicht sich selbst. Es blieb bei Internet-Folklore, die als „Politik“ firmiert, und sich hinter der infamen Anonymus-Maske als der Guy Fawkes inszeniert, der das Parlament in die Luft jagen möchte, in einem Anfall jener „informationellen Selbstbestimmung“, der die freiwillig-unfreiwillige Tyrannei durch eine obskure Pseudo-Elite ins zur Kenntlichkeit maskierte Antlitz geschrieben steht.
Rechts der Mutti
Bleibt das andere One-Trick-Pony, die AfD, die aus dem Stand über die 5%-Hürde kommen könnte. Seit es diese Partei gibt, ist die „Euro-Krise“ in Deutschland bekanntlich gelöst und alles in „Europa“ ist wunderbar. Und sei es auch nur, weil jede weitere „Euro-Rettung“ die Verhältnisse allzu sehr zum Tanzen bringen könnte.
Die alles entscheidende Arithmetik dieses Wahljahres – wie viel „Euro-Rettung“ können wir uns leisten, bevor es dem „Rechtspopulismus“ dient – wurde nach der Methode „mehr desgleichen“ gelöst: Mehr Schweigen = mehr Europa. Die Schweigespirale beim Thema EUdSSR ist eine schlechte Voraussetzung für die AfD: seit der Euro kein Thema mehr ist, weiß keiner mehr so genau, was er mit der Anti-Euro-Partei überhaupt anfangen soll.
Nicht, dass der gnädige EU-Schein dauerhaften Bestand haben wird: Spätestens nach der Wahl wird Muttis „Europa“-Horrorkiste ausgepackt, entweder mit den Grünen oder (wenn es gar nicht anders geht) zusammen mit der anderen deutschen Sozialdemokratie. Dann wird man zwar den Sparkurs zusammen mit Wolfgang Schäuble in die Wüste jagen müssen, aber dafür kann dann endlich „Europa“ gerettet werden, dass es nur so kracht.
Dann gibt es ein paar lustige Steuern, am besten zur „Klimarettung“, denn diese hat in Deutschland noch immer „politische“ Konjunktur, und mit den fiskalischen Mehreinnahmen wird der Club Med finanziert, damit er in Germany einkaufen gehen kann. Dass in „Europa“ irgendwas substanziell gelöst sei, glaubt man indes nicht mal auf der Schnitzelpiste der Brüsseler Beamtendiktatur.
„Europa“ lebt vom Mitmachen, und das wird es auch die nächsten zwanzig Jahre lang tun (Stichwort: verlorene Generation). Und wie man sich auf den Sparkonten anderer Leute bedient, hat man anlässlich der Zypern-Rettung schon mal ausprobiert, nicht wahr, Herr Steinbrück von der SPD?
PS: Einem Freund aus dem Ausland fielen unlängst drei Dinge auf, die man tunlichst unterlassen sollte, um die Leute in diesem, unserem Land nicht zu verärgern. 1) Man darf nach zehn Uhr abends nicht duschen oder die Toilette spülen. 2) Man darf keine gute Laune haben, denn gute Laune macht verdächtig. Vor allem aber darf man 3) im Allgemeinen nicht freundlich zu den Eingeborenen sein, sonst fühlen sie sich angegriffen (warum wohl?).
haolam

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