Friday, January 16, 2015

Todenhöfers zweifelhafte Propaganda für den IS


Die Sonne geht langsam unter, rechts neben der Großen Moschee von Mossul, in der Abu Bakr al-Bagdadi, der Chef der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), das Kalifat ausrief. Von der Hauptstraße dröhnt lauter Verkehrslärm. Im Vordergrund drei maskierte Kämpfer mit Gewehren und die beiden Hauptpersonen: der deutsche Publizist Jürgen Todenhöfer und Abu Qatadah alias Christian Emde von der Extremistengruppe IS. Dreizehneinhalb Minuten dauert das Interview, das Todenhöfer mit dem gewichtigen Mann aus Solingen führt, der 2012 nach Syrien verschwunden sein soll. Das Gespräch war im Dezember 2014 aufgenommen worden. Todenhöfer ist der erste deutsche Journalist, der sich auf eine Reise durch das IS-Kalifat wagte. Andere Kollegen aus Deutschland hatten Einladungen der Terrormiliz aus Sicherheitsgründen und – nach der Ermordung der beiden US-Journalisten James Foley and Steve Scottloff – auch aus moralischen Gründen abgelehnt. Todenhöfer hatte aber den Mut und fuhr zehn Tage lang durch das Machtgebiet der radikal-sunnitischen Gruppe. "Man kann Gegner nur besiegen, wenn man sie kennt", schreibt Todenhöfer im Begleittext zu seinem Interview mit dem deutschen IS-Kämpfer. Da hat der 74-jährige Publizist ganz Recht. Aber leider erfährt man im Interview nichts Neues über den "Gegner". Es wäre interessant gewesen, über Emdes persönliche Beweggründe und seinen Werdegang zum Terroristen zu sprechen. Der 30-Jährige ist 2003 zum Islam konvertiert. Im Sommer 2011 war er in Großbritannien mit Bombenbauplänen verhaftet worden. Emde war damals mit seinem Freund Robert Baum unterwegs, der sich mittlerweile als Selbstmordattentäter im Namen der IS-Terrorgruppe in die Luft gesprengt hat. Gesprächsstoff hätte es also genug gegeben. So erfahren wir nur, dass "Gott" Emde befohlen hat, "nach Syrien auszuwandern." Auch sonst gibt es kaum interessante Aspekte. Todenhöfer fragt, ob die Terrorgruppe Europa erobern will, Attentäter schickt und wie sie mit anderen Religionsgruppen umgeht. Die Antworten waren längst bekannt. Die Extremisten wollen am liebsten die ganze Welt erobern und alle anderen Glaubensrichtungen entweder ausrotten oder unterwerfen.Die Nachrichten von der Vertreibung der Jesiden im Irak, die Versklavung von Tausenden ihrer Kinder und Frauen sind wochenlang um die Welt gegangen. Das größte Problem ist, dass Todenhöfer nie wirklich kritisch nachfragt oder auf den Punkt kommt. Zweifelhafter Höhepunkt des Interviews ist Todenhöfers Frage: "Glauben Sie, dass das Köpfen von Menschen und Sklaverei ein Fortschritt für die Menschheit bedeuten?" Emde bekommt genügend und unwidersprochen Raum, Enthauptungen und Sklaverei zu rechtfertigen. Auch sonst kann Emde seine Botschaften von Massenmord, angeblich "im Namen Allahs", rechtfertigen. Todenhöfer fragt nicht einmal nach, als die Ermordung des US-Journalisten James Foley als Schuld des Westens abgetan wird.
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