Wednesday, March 18, 2015

Kopftuch: Ein lebensfernes, fatales Urteil (Alice Schwarzer)

So lebensfern muss man erst mal sein, die seit dreißig Jahren weltweit offen demonstrierte ideologische Bedeutung des Kopftuches zu ignorieren. Das sahen auch zwei der insgesamt acht VerfassungsrichterInnen so: Die Richterin Monika Hermanns (auf Vorschlag der SPD im Verfassungsgericht) sowie der Richter Wilhelm Schluckebier (Vorschlag der CDU) widersprachen ihren KollegInnen. In ihrem Minderheitenvotum für das Kopftuchverbot für Lehrerinnen in der staatlichen Schule legten sie dar, warum gerade eine Lehrerin neutral auftreten sollte: Weil sie Amtsträgerin ist, Vorbildfunktion hat und die SchülerInnen in einem „Abhängigkeitsverhältnis“ zu ihr stehen.
Die Islamverbände, die wahrscheinlich wie meist auch in diesem Fall hinter den zwei durch alle Instanzen klagenden Lehrerinnen stehen, jubeln über das Urteil. Es geht für sie in die richtige Richtung: nämlich in die der Infiltration islamistischen Gedankengutes in alle demokratischen Institutionen. Auch für Die Linke ist die Aufhebung des Kopftuchverbotes „ein Schritt in die richtige Richtung“, alles andere wäre „ein Berufsverbot für kopftuchtragende Frauen“. Volker Beck von den Grünen erklärte die Urteilsverkündung zu einem „guten Tag für die Religionsfreiheit“ und betonte: „Kopftuch, Kippa und Schleier gefährden den Schulfrieden nicht“. Zwischen diesen drei Symbolen gibt es allerdings einen kleinen Unterschied: Das Kopftuch ist politisch, Kippa und Schleier aber sind heutzutage religiös motiviert. Und: Die Juden missionieren nicht, auch die Christen sind im 21. Jahrhundert nicht so in der Offensive wie die Islamisten.
 emma

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